Interview mit Dirk Ziems, Thomas Ebenfeld und Rochus Winkler
Kaum ein Begriff ist in den vergangenen Jahren so strapaziert worden wie Nachhaltigkeit. Wie stehen die Menschen aktuell zu diesem Thema?
Dirk Ziems: Die Menschen spüren, dass eine neue Phase eingetreten ist. Bislang war Nachhaltigkeit eher eine Sache der guten Vorsätze, die man sich für irgendwann vorgenommen hat. Jetzt aber erscheint es den Menschen als ein Thema von größerer Dringlichkeit. Wenn das Klima geschützt werden soll, sind tatsächlich schon jetzt Konsequenzen erforderlich, die das eigene Leben und den eigenen Lebensstil betreffen. Das erzeugt Widerstand.
Wie lässt sich dieser Widerstand charakterisieren?
Thomas Ebenfeld: Die Opposition findet in verschiedenen Gruppen der Gesellschaft statt. Ältere Menschen sehen durch den Klimaschutz ihr Lebenswerk bedroht. In ärmeren Schichten hingegen regiert oftmals die Angst, sich dem Klimaschutz schlichtweg nicht leisten zu können. Und dann gibt es auch noch die „Wutbürger“, die den Klimawandel an sich leugnen und die sich einer rationalen Auseinandersetzung mit der Realität verweigern.
Was kann die Politik an dieser Stelle machen, um die Skeptiker und Zweifler doch noch auf ihre Seite zu ziehen?
Thomas Ebenfeld: Klimaschutz ist ein Change Process. Solch ein Prozess verlangt eine klare Führung, die Aufbruchstimmung vermittelt. Stattdessen erleben die Menschen in Deutschland ein Führungsvakuum, eine Verzagtheit und eine Kultur des Zerredens. Diese Konstellation bedroht das ganze Projekt.
Welche Rolle kommt den Unternehmen in diesem Zusammenhang zu?
Rochus Winkler: Einerseits nehmen die Menschen wahr, dass die Unternehmen sehr viele ernst gemeinte Anstrengungen unternehmen, um auch ihren Teil zu einem nachhaltigen Wandel der Gesellschaft beizutragen. Andererseits dienen sie vielen auch als Sündenbock, die für das Nicht-Erreichen von Zielen verantwortlich gemacht werden können und so von der eigenen Untätigkeit ablenken. Aktuelle Gesetzgebungen wie beispielsweise das Lieferkettengesetz verstärken diese Tendenz.